Kroatien: Schotter-Cruise für Dickschiffe

Die „Kreuzfahrt für Reise-Enduros“ sticht erstmals in See, und wir sind mit an Bord.


Wir schlafen jeden Abend im selben Hotel – aber immer in einer anderen Stadt!

Es ist fein, eine Woche im selben Hotelzimmer zu übernachten. Aber es ist noch feiner, wenn dieses Hotel jeden Tag in einer anderen Stadt steht – oder besser gesagt vor dieser ankert. Genau das macht die Einzigartigkeit der „Kreuzfahrt für Reise-Enduros“ aus: Unsere Antonela wird jeden Abend direkt vor den Toren der Altstadt vertäut, sodass es nur wenige Schritte bis zu den örtlichen Sehenswürdigkeiten sind – und bis zu einer Konoba, deren Weinkarte die teure Schiffsbar beim Preis-Leistungs-Verhältnis mühelos aussticht.

„Wir haben Ferrari-Schotter, Lamborghini-Schotter und easy Schotter.“  Mit dieser gewaltigen Untertreibung der erwartbaren Verhältnisse beginnt Tourguide Mihai die Begrüßung der bunt gemischten Truppe, die sich am Achterdeck versammelt hat.

Zwei Tourguides werden die Gäste begleiten: Mihai wird die dynamisch orientierte Fraktion anführen, während sich Kurt um die weniger engagiert andrückenden Gäste kümmern wird. Und ganz hinten fährt Patrick, der als Chef des Reisebüros nach mehrwöchigem Scouting und monatelanger Planung natürlich auch bei der „Jungfernfahrt“ dieses Reiseangebots dabei sein möchte.

Die Strecke umfasst breite, gut ausgebaute Küstenstraßen, schmale Nebenstraßen jenseits jeder touristischen Bedeutung und viele, viele Schotterstraßen: Wo immer es möglich ist, werden unbefestigte Abschnitte ins Routing eingebaut. Manche dieser „Abkürzungen“ kann man auch auslassen bzw. „Sonderprüfungen“ auf einer sanfteren Variante umfahren, die meisten Schotterwege sind aber alternativlos – und auch Zweck der Reise. Die Teilnahme an der Tour erfordert gefestigte Fahrpraxis auf engen, kurvenreichen Straßen mit teilweise auch grobem, losem Schotter. Stollenreifen (Michelin Anakee Wild, …) sind straßenorientierter Allround-Bereifung (Continental TKC 70, …) vorzuziehen. Wer gemütlich „Endurowandern“ möchte, ist auf dieser Reise fehl am Platz.

Sauber ist schon am Ende des ersten Fahrtages keines der Motorräder, die Geräte der flotten Gruppe tragen die Dreckpatzen gar rundum. Einige Bikes zeigen außerdem frische Verschleißspuren an der Verkleidung, bei manchen Fahrern ist daher auch das Gemüt ein wenig angekratzt. Spätestens jetzt weiß jeder Teilnehmer, warum die Tour vom Veranstalter als „anspruchsvoll“ und „mittel bis schwer“ beschrieben wird. Manche geben zu, dass sie den Prospekt wohl genauer hätten lesen sollen. Und einer ist heilfroh, dass seine Beifahrerin am Schiff geblieben ist.

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