70 Jahre Freiheit

Vor 70 Jahren sprach Leopold Figl im Marmorsaal des Oberen Belvedere die drei berühmten Worte „Österreich ist frei“. Wir heften uns auf die Spuren zweier Männer, die die Wiedergeburt Österreichs maßgeblich mitgestaltet haben.


KZ-Häftling, Bundeskanzler, Außenminister, Nationalratspräsident, Landeshauptmann von Niederösterreich: Die politische Karriere des Bauernsohns aus Rust im Tullnerfeld ist einzigartig, sein beeindruckendes Lebenswerk wird in Rust im Tullnerfeld für die Nachwelt in Erinnerung gehalten. Besonders interessant finden Markus und ich die Erinnerungen von Maria Kornhofer an den „Poldi-Onkel“, die das Museum extra für uns beide aufsperrt.

Zwischen diesem Museum und dem NÖ Landesmuseum entdecken wir urbane Kunst auf ländlichen Fassaden: Würmlas Wände. 13 alte Stadl, Keller und Silos wurden in Zusammenarbeit mit den Bewohnern gestaltet. Auch der aus 18.000 Grenz-Koordinaten errechnete Mittelpunkt des größten Bundeslandes liegt am Weg.

Die Präsentation des dicken, mehrsprachigen Vertragswerks am Balkon des Oberen Belvedere, nachdem die Hochkommissare und Außenminister der vier alliierten Besatzungsmächte sowie Leopold Figl die Unterschriften unter den Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich gesetzt hatten, ist ein Fixstarter im ikonischen Bildgedächtnis der Republik. Seither ruht das Originaldokument in Moskau, ein Faksimile ist im Haus der Geschichte in St. Pölten ausgestellt – eine Schenkung der Russischen Föderation an das Land Niederösterreich aus friedlicheren Zeiten.

Im Vergleich zu anderen Reproduktionen, die lediglich die Unterschriftenseite zeigen, ist dies die einzige vollständige Abschrift, die man von der ersten bis zur letzten Seite durchblättern kann. Oder besser: könnte, denn natürlich liegt das gute Stück in einer schützenden Vitrine. Gleich daneben: die Original-Staatsvertrags-Füllfeder von Leopold Figl, mit der er seinen Namen unter das Dokument setzte – wie immer in grüner Tinte. (Eine Marotte, die Jahre später Erwin Pröll übernahm.)

Der bikerfreundlichste Abschnitt des Rückweges führt durch das Helenental, den einen historisch bedeutenden Waypoint wollte ich noch auf unserer Spezial-Rundfahrt einbauen: den Flugplatz Wien-LOAV, der jedoch in Bad Vöslau (ganz genau genommen in Kottingbrunn) liegt. Am 15. April 1955 landete hier die österreichische Verhandlungsdelegation mit Julius Raab, Adolf Schärf, Leopold Figl und Bruno Kreisky aus Moskau kommend. Im Gepäck das Moskauer Memorandum: Österreich wird ein souveräner Staat und als solcher die immerwährende Neutralität selbst beschließen.

Recherche der Route, Fotografie und Reportage für das Motorradmagazin
Motorradmagazin 4/2025 🇦🇹