Spätfrost-Nächte im Frühjahr und Hitzesommer, in Dauerregen ertrinkende Wurzeln oder Schädlingsplagen: Der Erfolg bei der Ernte ist immer vom Wetter, und damit vom Glück, abhängig. Das gilt auch für eine gelungene Motorradtour.
Zahllose Apfelgärten mit ihren in Reih und Glied an Drahtspalieren gezogenen Bäumen dominieren das Plateau, das auf der Ostseite steil ins Tal der Brienz abfällt, im Westen hingegen sanft ins Eisacktal ausläuft. Während Südtirol im Frühling mit mehreren Milliarden weißer Blüten dekoriert ist, leuchten im Herbst die prallen Früchte durch das Laub: Knallrote Red Delicious, gelbe Yello oder grüne Granny Smith.
Schon im August werden die ersten Sorten von den Ästen geklaubt, die Früchte der Pink Lady dürfen hingegen bis in den November an der frischen Luft reifen.
Drei bis vier Meter hoch sind die Spaliere, sodass Gabelstapler, Erntebühnen und Pflückeimer als technische Hilfsmittel unverzichtbar sind. Rund sechs Milliarden Äpfel werden laut Südtiroler Apfelkonsortium pro Jahr geerntet. Jeder einzelne davon in anstrengender Handarbeit: Den Apfel leicht anheben und drehen – wenn er sich leicht vom Baum löst, ist er reif.












Zufällig entdecke ich eine weitere kulinarische Spezialität Südtirols: Die Edelkastanie. Ich finde sie allerdings nicht auf dem Teller, sondern auf der Fahrbahn liegend – Murphy’s Law folgend natürlich erst hinter dem Kurvenscheitel, von den Reifen mehrspuriger Fahrzeuge zu Stückwerk zermahlen und genau auf die Fahrlinie von Motorrädern bugsiert.
Die „Keschtn“ werden in Gerichten wie Kastaniensuppen, Kastanienkuchen oder Kastaniennudeln verwendet. Im Herbst feiern die Südtiroler das Törggelen, ein traditionelles kulinarisches Fest. Zur „Brettljausn“ kommt Südtiroler Rohschinken zusammen mit Bauernbrot, Kaminwurzen und Käse als Vorspeise auf den Tisch. Dazu trinkt man jungen Wein („Nuier“) und ergänzt die Nahrungsaufnahme mit Schlutzkrapfen, Surfleisch oder Kastanien.
Noch ein paar weite Schwünge, und schon habe ich die Passhöhe erreicht. In der Gipfelregion auf 2211 Metern ist Mitte Oktober unübersehbar, dass die Motorradsaison in den Alpen ihrem baldigen Ende entgegensieht. Kurvenreich schwingt sich die Straße nun talwärts, mit dem Jaufenpass folgt jedoch sogleich der nächste fahrerische Höhepunkt.

Recherche der Route, Fotografie und Reportage
