Seit 200 Jahren lockt der höchste Pass der Ostalpen mit seinen anspruchsvollen Kurven. Bei bewusster Wahl von Route und Tageszeit kann man in der Region viel Fahrspaß haben, grandiose Aussichten genießen – und trotzdem nicht im Ausflugsverkehr ersticken.

48 Kehren auf der Ostrampe, 34 auf der Westrampe. Die mit 2758 Metern höchste und fahrtechnisch wahrscheinlich schwierigste Passstraße Italiens gilt als „Königin der Alpenstraßen“. Die ersten Pläne zur Verbindung des Vinschgaus mit dem Veltlin stammen aus der Zeit der französisch-bayerischen Herrschaft, realisiert wurde die Straße erst vom österreichischen Kaiserhaus. Nach nur fünf Jahren Bauzeit wurde sie im Oktober 1825 als Verbindung zwischen Tirol und der Lombardei dem Verkehr übergeben – für uns ein guter Grund, der Jubilarin die Aufwartung zu machen.
Wer dem programmierten Chaos aus dem Weg fahren will, kommt vor neun oder nach vier.
Den Superlativen entsprechend beliebt und belebt ist der Pass in den Sommermonaten. Radfahrende quälen sich mit von Anstrengung gezeichneten Gesichtern bergauf, während Pedalritter im Gegenverkehr mit unglaublichen Geschwindigkeiten bergab brausen. Dazwischen Urlauber im PKW, Wohnmobile, Autobusse – und natürlich auch ein paar LKW. Das Motorradfahren verkommt zum Balancieren bei Schritttempo, zum Motorradstehen, und manche schauen sich die Kehren sogar mit 90 Grad Schräglage aus nächster Nähe an.












Wer dem programmierten Chaos aus dem Weg fahren will, kommt vor neun oder nach vier. Im Idealfall zum Sonnenaufgang, halb sieben oder so, je nach Jahreszeit. Da klettert das erste Licht des Morgens über den Horizont und taucht die Bergflanken des Etschtals in warme Rottöne. Über das dunkle Trafoier Tal erreichen wir die Franzenshöhe, doch der eindrucksvollste Streckenabschnitt steht uns noch bevor. Mit weiteren 20 Kehren trotzten die Ingenieure der Habsburger-Monarchie den steilen Felswänden eine Straße in die hochalpine Bergwelt ab. Allein das letzte Dutzend Haarnadelkurven überwindet gut 400 Höhenmeter. Vier, Drei, Zwei – der Countdown zur Passhöhe bringt die kniffligsten Kurven zum Schluss. Die auf der Straße sitzenden Murmeltiere wirken etwas überrascht über den frühmorgendlichen Besuch.



Während so mancher Biker sich grummelnd unter der Bettdecke noch einmal auf die andere Seite dreht und vom Achtuhrdreißig-Häferlkaffee am Frühstücksbuffet träumt, stehen wir schon auf der kurzen Stichstraße zur Tibethütte und bewundern die Straßenführung, die sich mit ihren legendären Serpentinen wie eine riesige Schlange ins Tal windet. Die Westrampe des Passo dello Stelvio – mit dem Überschreiten der Passhöhe sind wir ins italienischsprachige Gebiet eingereist – besitzt ebenfalls jede Menge Tornanti, sowie einige Tunnel und durch Galerien gegen Steinschlag geschützte Abschnitte. Der mehrstufige Wasserfall Cascata del Braulio begleitet die Straße Richtung Bormio.

Recherche der Route, Fotografie und Reportage für das Motorradmagazin

Testbericht BMW R1300 RT



Mit einer mehr als 2500 Kilometer langen Reise durch die Alpen haben wir BMWs modernstes Tourenmotorrad für das Motorradmagazin getestet. Diese Bilder am Gaviapass und am Stilfser Joch wurden im Rahmen dieser Reisegeschichte für den Fahrzeugtest produziert.