Friaul: Zwischen den Bergen

Ursprüngliche Dörfer, viele Kurven, kaum Verkehr und köstlicher Speck: Eine Reise nach Karnien, dem nördlichsten Teil von Friaul-Julisch Venetien.


Nach Karnien kommt man nicht zufällig. Karnien muss man sich erarbeiten. Entweder über die Berge von Österreich kommend, oder über schmale, kurvige Bergsträßlein aus der weiten Ebene um Udine. Zur Abgeschiedenheit der karnischen Berge gehören einige Dörfer, die nicht von Bausünden der Neuzeit verschandelt wurden. Je nachdem, wer die Liste erstellt, sprechen wir von einer Handvoll Orten in Karnien; nimmt man die Zentren von Kleinstädten auch dazu, werden es in der Broschüre der Tourismusinformation über 20 „schönste Dörfer“ im ganzen Friaul.

Ein Zettel liegt neben dem Frühstücksbuffet: „Die Übersicht von Vete ist für den Verkehr gesperrt. Ursache des Schnees.“ Die Rede ist von der Panoramica delle Vette, einer fantastischen Höhenstraße zwischen Tualis und Ravascletto. Wenn ich schon am Fuß der Panoramica wohne, wird die erste Stunde des Fahrtages natürlich dazu genützt, den Wahrheitsbeweis des Schreibens zu hinterfragen. Dichte Wolken begleiten mich bei der Auffahrt, doch mit jedem Höhenmeter, den ich auf der schmalen Straße erklimme, wird der Nebel lichter. Auf 1900 Metern schaue ich im Morgenlicht von oben auf einzelne Wolkenfetzen. Als der versprochene Schnee erstmals Teile der Fahrbahn bedeckt, drehe ich um. Ich weiß aus Erfahrung: Wenn bereits der Beginn der Naturstraße verschneit ist, liegt weiter hinten noch viel mehr von dem weißen Zeug.

Wer hier im Bedarfsfall nicht blitzartig mit dem rechten Fuß den Boden erreicht, schafft das wenig später mit dem Ellenbogen.

In Dantes Göttlicher Komödie steht über dem Tor zur Hölle der Spruch „Ihr, die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffnung fahren“. Beim Radrennen des Giro d’Italia hängt ein entsprechendes Transparent in Ovaro am Beginn der Westrampe des Zoncolan quer über die Fahrbahn. Die Straße steigt unmittelbar danach mit 20 Prozent besonders steil an und ist nur knapp zweispurig, im obersten Abschnitt hinter drei engen Tunnel sogar nur einspurig. Für bergan strebende Motorradfahrerinnen und -fahrer gilt die steile, letzte Rechts-Kehre vor der Scheitelhöhe als umfallträchtige Schlüsselstelle.

Recherche der Route, Fotografie und Reportage
Alpentourer 4/2025 🇩🇪