Alfa Stelvio: Ferdinand der Gütige

Keine Automarke kann es sich leisten, das stetig wachsende SUV-Segment zu negieren. Das gilt auch für die Sportwagenmarke aus Turin – wer ob der Konzernverwandtschaft vermutet, dass unter dem Stelvio ein Jeep steckt, hat sich jedoch getäuscht!


Der höchste Pass der Ostalpen hieß zu Zeiten der Habsburger-Monarchie „Ferdinandshöhe“.

Hoch hinaus will Alfa mit dem ersten SUV der Marke – das zeigt sich schon beim Namen: Der höchste Pass der Ostalpen, das Stilfser Joch, dient dem hochbeinigen Sportwagen als Pate. Der Scheitelpunkt der beeindruckenden Straße hieß zu Zeiten der Habsburger-Monarchie Ferdinandshöhe, als Erinnerung an den Besuch des Kaisers Ferdinand I. von Österreich im August 1838. Insider dürfen den Wagen daher statt „Stelvio“ auch „Ferdinand der Gütige“ nennen.

Die Verbindungsstraße zwischen Südtirol und der Lombardei überschreitet die Sprachgrenze zwischen dem Deutschen und dem Italienischen. Genau das wurde auch dem SUV ins Pflichtenheft geschrieben. Schon der erste Blick ins Cockpit macht klar, mit welchen Marken man sich messen will: Die Lüftungsdüsen haben wir bereits bei Mercedes gesehen, der Wählhebel der Automatik und die Bedienlogik der Bordelektronik erinnern frappant an BMW, und das Design der Schalter sowie die von gebürstetem Aluminium flankierten Holzeinlagen schauen bei Audi nicht viel anders aus. Gestartet wird Porsche-like mit links, per Knopf am Lenkrad – das dauert eine Weile, bis man sich daran gewöhnt.


Zwischen Glan und Gurk

Zwischen der Saualm im Osten und den Nockbergen im Nordwesten liegt die touristisch sanft entwickelte Region Mittelkärnten. Slow food am Teller, slow drive am Schotter: Rücksicht auf Wanderer ist ein Gebot der Höflichkeit.

Bis zur Karawanken Felsenwand dehnt sich das freundlich Kärntnerland.

Die älteren Leserinnen und Leser werden sich vielleicht an Erik Schinegger erinnern: Er wurde als Erika 1966 Abfahrtsweltmeisterin, beendete 1968 seine Karriere und leitet heute die Kinderschischule auf der Kärntner Simonhöhe in den Gurktaler Alpen. Vom großen Parkplatz des familienfreundlichen Schigebiets führt eine kleine Straße Richtung Westen, die die Schipiste quert. Nach einem kurzen Waldstück öffnet sich eine Lichtung, linker Hand lädt eine Aussichtsbank zum Verweilen. Das tut sie mit Recht, denn – passendes Wetter vorausgesetzt – der fantastische Weitblick auf schneebedeckte Gipfel sucht seinesgleichen. Recht viel weiter kommt man aber in diese Richtung nicht mehr, denn seit 2018 untersagen Verbotszeichen die Talfahrt nach Niederwinklern, wo der Schotterweg beim Gasthausparkplatz in die Landesstraße einmündet.

„Zwischen Glan und Gurk versteckt sich mancher Schurk‘.“

Richtung Osten fahrend zweigt nach der ersten Kehre eine ebenfalls knapp einspurige Straße ab, die uns am Bergrücken entlang zur Jausenstation Winter in Hoch St. Paul bringt. Für uns ist der winterliche Besuch der Region eine Premiere: Bisher war Ihr Autor nur mit dem Motorrad an Sommerwochenenden in den Wimitzer Bergen unterwegs, wenn die Schattenplätze im sonnigen Gastgarten heiß begehrt sind und die freien Parkplätze zwischen Gasthaus und Kirchturm knapp. Im Winter ist die Verkehrsfrequenz deutlich beschaulicher, zumal an einem Wochentag, an dem uns dann auch des Wirten Ruhetag überrascht. Die zweite Möglichkeit zur Einkehr auf rund 1150 Metern Seehöhe bietet Andrea Koglers Gasthaus Simale auf der Wegscheide, sie betreibt die Gastwirtschaft bereits in vierter Generation. Benannt wurde der im ehemaligen Schulgebäude situierte Gasthof nach Simon Kramer, genannt „Krapfenbäck Simale“. Sein Wirken wird gewiss einen Beitrag zum geflügelten Wort „Zwischen Glan und Gurk versteckt sich mancher Schurk‘“ beigetragen haben: Der einst steckbrieflich gesuchte Räuber wird heute gerne als „Kärntner Robin Hood“ bezeichnet. Am 17. September 1809 wurde er von französischen Soldaten im Wirtshaus auf der Wegscheide festgenommen und kurzerhand liquidiert. Ein Bild von ihm ist auf der Fassade des Hauses zu bewundern.

Kurz nach der Wegscheide biegen wir Richtung Steinbichl ein, um nicht gleich wieder ins Tal zu gelangen, halten uns bei der nächsten Straßenkreuzung rechts und folgen später dem Wegweiser nach Eggen, um noch ein wenig Schotter unter die Winterreifen zu bekommen.

Recherche der Route, Fotografie und Reportage für das 4wd Magazin und den Allradkatalog