Wiener Hochquellenwasser: Aus den Bergen in die Stadt

Seit 150 Jahren wird Wien verlässlich mit dem vielleicht besten Trinkwasser der Welt versorgt. Wir entdecken entlang der Hochquellen-Wasserleitungen herrliche Naturlandschaften, wunderschöne Motorradstrecken und ungeahnte Kuriositäten.


„Nie wird meinem Gedächtnisse der erhebende Augenblick entschwinden, als sich auf dem Schwarzenbergplatz zum ersten Mal majestätisch der Strahl des Hochstrahlbrunnens erhob, allmählich höher und höher stieg, um sodann, in perlendem Schaum aufgelöst, den Sonnenstrahl in vielfältige Regenbogen brechend, nieder zu stürzen. Das köstliche Element quoll bis in die Stockwerke der Häuser. Die Aufgabe war gelöst.“

Der Querschnitt des Leitungskanals der I. Hochquellenleitung

Derart euphorisch beschreibt Cajetan Felder, Bürgermeister von Wien 1868-1878, in seinen Lebenserinnerungen die Eröffnung der Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung am 24. Oktober 1873. Die Aufgabe, die es zu lösen galt, war gewaltig: Die Wienerinnen und Wiener sollten mit kristallklarem Quellwasser versorgt werden, hergeleitet aus 90 Kilometer Entfernung – und das über eine Gravitationsleitung, also ohne eine einzige Pumpe, ausschließlich durch natürliches Gefälle.

Wiener Wasserversorgung

Das Wasser fließt durch zwei Hochquellenleitungen im freien Gefälle ohne eine einzige Pumpe nach Wien. Die I. Hochquellenleitung fördert täglich 220 Millionen Liter. Die Distanz zur entferntesten Quelle beträgt 150 Kilometer. Auf seiner 24 Stunden dauernden Reise nach Wien durchfließt das Wasser 30 Aquädukte. Die II. Hochquellenleitung liefert täglich bis zu 217 Millionen Liter Wasser. Die Strecke ist 180 Kilometer lang. Das Wasser überwindet dabei in 36 Stunden einen Höhenunterschied von 360 Metern und durchfließt 100 Aquädukte. Von den Endpunkten der Hochquellenleitungen fließt das Wasser in 31 Wasserbehälter mit 1,6 Millionen Kubikmeter Fassungsvermögen. Das entspricht dem Wasserverbrauch aller Wienerinnen und Wiener in circa vier Tagen. Über das 3000 Kilometer lange Rohrnetz wird das Wasser in die Häuser und Wohnungen weiter verteilt. Die Schongebiete zum Schutz der Wasservorkommen umfassen insgesamt 675 Quadratkilometer – damit sind sie größer als die Fläche der Stadt.

Recherche der Route, Fotografie und Reportage.
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