Extremadura: Die unbekannte Schönheit

Heiß umfehdet, wild umstritten – und heute fast vergessen: In der Extremadura finden wir das ursprüngliche Spanien. Endlose Olivenhaine, schattige Eichenwälder und wilde Blumenwiesen. Auf den Hügeln dazwischen thronen mittelalterliche Städte, in denen Geschichte lebendig wird.


Einen Fehler sollte man als Motorradreisender tunlichst vermeiden: Der vom Tourismusamt beschilderten Ruta de la Plata zu folgen – außer, man fährt Harley.

Trujillo liegt ein wenig abseits der historischen Silberroute, die als direkte Verbindung zwischen Sevilla und der Atlantikküste Asturiens schon zu Zeiten der Römer die wichtigste Nord-Süd-Strecke im Westen der iberischen Halbinsel darstellte. Die Jahrhunderte später nach Norden vordringenden Mauren sollen die Reste der Römerstraße  als „breiten Weg“ bezeichnet haben, aus dem arabischen Ruta Bal’latta wurde dann die heutige Ruta de la Plata. Immer wieder treffen wir auf beeindruckende römische Ingenieurleistungen: Intakte Straßenfragmente aus vorchristlicher Zeit, gewaltige Aquädukte oder imposante Brücken, über die von Denkmalschutz-Bedenken unbehelligt der normale Straßenverkehr rollt.

Motorradfahrer lockt die schräglagenfreundliche Verbindung zwischen den historischen Stätten. Die Sierra de Guadalupe ist beispielsweise ein kleiner Umweg, aber ein großer Gewinn an Fahrspaß: Schroffe, mit Flechten bewachsene Felsen wechseln sich mit den Dehesas ab: Saftig grüne Wiesen, auf denen tiefschwarze Kampfstiere oder dunkelgrau-braune iberische Schweine zwischen Stein- und Korkeichen weiden, weiter unten im Tal abgelöst von Olivenhainen und Schafherden. Dazwischen: Eine Kurve nach der anderen. Griffiger Asphalt. Kein Verkehr.

Die mit fünf Euro absolut wohlfeile Führung durch das Real Monasterio de Santa María de Guadalupe sollte man sich auch dann nicht entgehen lassen, wenn man die spanischen Erläuterungen des Führers zwar hören, aber nicht verstehen kann.

Die prachtvoll bestickten und bis ins kleinste Detail kunstfertig verzierten Messgewänder suchen ihresgleichen. Die riesigen Bücher für den Chorgesang sind beeindruckend. In der Kunstsammlung finden sich Bilder von Francisco de Goya und El Greco, ein gekreuzigter Christus mit unglaublich detailliert herausgearbeiteten Adern und Sehnen wird Michelangelo zugeschrieben. Die reich verzierte Sakristei ist ein barockes Kunstwerk; vor dem Altar hängt eine Laterne mit Einschusslöchern – sie gehörte einem osmanischen Kriegsschiff, das bei einer Seeschlacht in der Ägäis aufgebracht wurde. Der Höhepunkt des rund einstündigen Rundgangs findet in einem Kuppelsaal statt, den vor uns auch so ziemlich jeder Papst, der länger als nur ein paar Tage im Amt war, besuchte: Dort wird die 59 Zentimeter hohe, in kostbare Gewänder gehüllte Madonna den Gästen von Angesicht zu Angesicht präsentiert.

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